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Die Hölle

  • Fr. Adrian

Gottes Strafen wird leider oft falsch verstanden

 

Auf einer Sonnenuhr in einem Dorf der französischen Alpen habe ich den Spruch gelesen: Die Sonne wirft Schatten, zur Wahrheit gehört das Geheimnis. Die Sonnenuhr will dem Betrachter sagen: Wie das Licht nie ohne Schatten sein kann, so kann die Wahrheit nie ohne Geheimnis sein Mit dem Wort “Geheimnis” meint die Heilige Schrift das, was Gott allein weiss.

 

“Hinabgestiegen in das Reich des Todes”

Im Glaubensbekenntnis der Messe hiess dieser Satz früher “abgestiegen zur Hölle”. Wie kam es nach den Konzilsjahren zu der Neuübersetzung? Die modernen Bibelübersetzer hatten schon lange gesehen, dass es im Alten Testament neben dem Himmel, wo Gott und die Engel wohnen, und neben der Erde, dem Platz der Menschen und der andern körperlichen Lebewesen, einen dritten Ort gab, wo die Toten ein eigenes, schweigendes Leben führen. Denn die alten Israeliten glaubten nicht, dass die Menschen im Tod in das Nichts zurückfallen. Sie “lebten” im Gegenteil weiter, aber wie im Schlaf. Den Ort, wo sie „schliefen“, nannten sie Scheol. Dieses Wort hatte man früher bisweilen mit Hölle wiedergegeben. Das war missverständlich. Denn es bedeutete nicht den Ort der ewigen Strafe, sondern den Ort der Toten, den die Bibel oft mit “Unterwelt” oder “Totenreich” bezeichnet.

 

Im Glaubensbekenntnis ist dieser Ort der Toten gemeint, wenn wir bekennen, dass Christus in seinem Tod “in das Reich des Todes hinabstieg”, um den dort „schlafenden“ Toten das Geschenk der Auferstehung zu bringen. Um jedes Missverständnis zu vermeiden, hat man in der volkssprachlichen Liturgie das Wort “Hölle” zu Recht mit “Reich der Toten” ersetzt.

 

Der Unterschied zwischen dem Land der Lebenden und dem Reich der Toten

Die Bibel nennt die Erde, auf der wir bis zu unserem Tod leben, das “Land der Lebenden”. Zwischen dem “Reich des Todes” und dem “Land der Lebenden” gibt es einen grossen Unterschied. In diesem Leben können wir handeln und uns ändern. Wir können uns anders entscheiden, Neues unternehmen, Altes aufgeben. Im “Reich des Todes” ist das nicht möglich, denn da schweigen die Verstorbenen und „schlafen“. Nach unserem Ableben ist es uns verwehrt, wieder in dieses Leben zurückzukommen, um da einzugreifen und zum Rechten zu sehen. Was wir falsch gemacht oder versäumt haben, können wir nicht mehr verbessern und nachholen. Mit dem Tod ist unser Tun zu Ende. Nur in Legenden und Sagen, wie in der Legende des heiligen Fridolin (der im Wappen von Glarus steht), wird erzählt, dass ein Toter ausnahmsweise die Erlaubnis erhalten habe, in die Welt der Lebenden zurückzukehren, um  Verkehrtes in Ordnung zu bringen. Der Tod ist eine unüberschreitbare Grenze. Man kann nicht zurückkommen.

 

Man kann auch nichts mehr ändern an dem, was man getan hat. Das gelebte Leben ist abgeschlossen. Es ist und bleibt für immer das, was es gewesen ist. Vor dem Tod ist alles im Wandel. Jeder Tag ist eine neue Möglichkeit, sein Leben zu gestalten. Man kann das Ungute bereuen, sich aber auch vom Guten ab- und dem Bösen zuwenden. Die beiden Schächer, die mit Jesus gekreuzigt wurden zeigen diese beiden Möglichkeiten. Während der eine im Fluchen verharrt, steigen im andern vor dem Sterben Reue und Sehnsucht nach einem ganz andern Leben auf: er wirft sozusagen das Steuer seines ganzen Lebens noch herum, und siehe: Jesus nimmt das an!

 

Grosse Verantwortung, grosser Ernst

In der Zeit unseres Lebens auf dieser Erde tragen wir die Verantwortung für das, was wir daraus machen. Was fangen wir mit der Zeit an, die uns gegeben ist? Mit unserem Tod ist sie zu Ende. Grosse Verantwortung ruft nach grossem Ernst. Es steht viel auf dem Spiel. Denn Gott wird uns fragen: Was hast du aus der Zeit gemacht haben, die ich dir gegeben habe?

 

Das erklärt die ernsten Worte der Gottesmutter in Fatima und in andern Erscheinungen. Oberflächlichkeit und Gedankenlosigkeit sind grosse Versuchungen für uns Menschen. Jesus hat eindringlich vom Wachen geredet. Damit wollte er uns vor einem oberflächlichen, gottvergessenen Leben warnen.

 

Verantwortung und “Gericht”

Wir müssen unser Leben vor Gott verantworten. Das meint unser Glaubensbekenntnis, wenn es sagt: Christus wird wiederkommen, zu richten die Lebenden und die Toten. Dieser Glaube ist in der Heiligen Schrift verwurzelt. Das beängstigt viele Menschen. Wie werden wir vor Gott bestehen?

 

Es ist wichtig, das Gericht Gottes in seinem guten und richtigen Sinn zu verstehen. Gottes Strafen wird leider oft falsch verstanden. Unser Glaube will und darf uns nicht ängstigen.

 

Bis jetzt haben wir vom Unterschied zwischen diesem Leben und dem Leben nach dem Tod gesprochen und von unserer Verantwortung. Im nächsten Artikel werden wir sehen, was Gottes Gericht Gottes recht verstanden bedeutet.

 

 

Musikalische Illustration: Dies irae (lat. „Tag des Zorns“) ist der Anfang eines mittelalterlichen Hymnus über das Jüngste Gericht.

Vom 14. Jahrhundert wurde er im römischen Ritus als Sequenz der Totenmesse gesungen.

 

„Die Leiter des Göttlichen Aufstiegs" ist eine Ikone aus dem späten 12. Jahrhundert im Katharinenkloster auf dem Berg Sinai (Wikipédia)

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