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Gottesbild und Gottesbilder (Teil 1)

  • Fr. Adrian

Warum ein Bild Gottes notwendig ist

 

Der Wunsch, uns über das Bild, das wir uns von Gott machen, Klarheit zu verschaffen, entspringt der Erfahrung: verschiedene Menschen sprechen in einer Weise von Gott, die uns selber fremd, ja falsch erscheint. So fragt man sich unwillkürlich: warum ist mein Gottesbild anders, und vermag ich es gegenüber andern gläubigen oder ungläubigen Menschen zu begründen? Gibt es Prüfsteine für Richtigkeit oder Verkehrtheit eines Gottesbildes, oder sind die Bilder von Gott durch und durch subjektiv? Es ist sofort klar, dass wir hier vor einer ganz schwierigen Frage stehen.

 

Es braucht ein Gottesbild

Es ist unmöglich, kein Gottesbild zu haben. Sobald wir von Gott reden, machen wir uns eine Vorstellung von ihm.

 

Aber es kommt sehr darauf an, wie dieses Bild aussieht. Wir sehen es im Alltag: es ist ganz wichtig, ob wir uns von einer Person ein richtiges oder falsches Bild machen. Wer Vertrauen verdient, dürfen wir nicht vertrauen, sonst werden wir betrogen- Umgekehrt: wenn wir uns ein falsches Bild von der Person machen, die Vertrauen verdient, ist unser Misstrauen fehl am Platz und schadet ihr und uns selber. Ein Bild kann wahr oder verkehrt sein! Das falsche Bild führt zu Schaden, das richtige Bild ist Gewinn.

 

Gefahr falscher Gottesbilder

Persönliche Erfahrung und die Geschichte weisen auf die Folgen unrichtiger Gottesvorstellungen. Wir können uns Gott nicht gewalttätig vorstellen; die Erlösung dürfen wir nicht als grausame Strafe an Jesus Christus verstehen, der als Unschuldiger für die Sünder leiden musste. In der Religionsgeschichte gibt es heute die verbreitete Meinung, die monotheistischen Religionen wären intolerant, weil das Bild eines einzigen Gottes zwangsläufig Unduldsamkeit einschlösse.

 

Besonders der Absolutheitsannspruch der drei monotheistischen Religionen wäre für frühere und heutige Religionskriege verantwortlich gewesen, und der Antisemitismus wäre Folge der christlichen und muslimischen Überzeugung, allein recht zu haben. Manche diagnostizieren medizinisch-psychologisch Gottesbilder, welche die Persönlichkeit eines Menschen ihrer Freiheit berauben würden („Gottesvergiftung“ ist ein Schlagwort, selbstverschuldete „Unmündigkeit“ ein anderes). In marxistischer Perspektive ist das Bild eines Gottes eine Projektion, welche die die ungerechten, „entfremdenden“ Machtverhältnisse verhüllen („Opium für das Volk“) und dadurch zementieren. Es gäbe Gottesbilder, welche dem Menschen schaden.

 

Emotionale Seite der inneren Bilder

Die vielen Bilder in unserem Gedächtnis und Bewusstsein (in Herz und Verstand) sind emotional nie neutral, sondern wecken Gefühle: Freude, Angst, Sehnsüchte, Begierden, Zorn, Hass usw.

 

Auch an Gottesbilder sind in Gefühle gehüllt, die uns motivieren und bestimmen: Anziehung, Angst, Liebe, Wachträume usw. Das ist besonders gut in der Kunst und Ikonographie der Religionen sichtbar, wo die göttliche Welt sinnenfällig dargestellt ist.

 

Die Rolle des Denkens in Bezug aufinnere Bilder und Gottesbilder

Bilder treten in das Innere der Menschen ein. Aber wir sind ihnen aber nicht auf Gedeih und Verderben ausgeliefert, denn sie haben den Prüfstein der Vernunft. Diese betrachtet und vergleicht Bilder und Gefühle und ordnet sie im Horizont ihrer Erfahrung.

 

Die Vernunft hat in allen Religionen oft die Gestalt von mythischen Erzählungen, so auch in der Bibel, der ersten Quelle unseres Gottesbildes, z.B. in der Urgeschichte der Genesis mit dem Paradies, der Erschaffung des Menschen aus Lehm und dem eingehachten Atem Gottes, mit der verbotenen Frucht usw. Diese und viele andere Erzählungen schaffen ein bestimmtes Bild des Verhältnisses Gottes zu den Menschen.

 

Die sozialen Verhältnisse, das Recht, das Ethos, d.h. die Wertvorstellungen und die Ideale einer Religionsgemeinschaft schliessen ein Bild ihrer Gottheit oder Gottheiten ein. Sie beruhen auf Erfahrung und Überlieferung einer Gesellschaft oder von Völkern.

 

Ferner stellen Religionen das Bild der göttlichen Welt in der Liturgie dar. Statt Liturgie sprechen viele Religionswissenschaftler von Kult und Riten. Das Liturgische ist sinnenfällige, sichtbare Darstellung von Unsichtbarem. Sie stellt das dar, was zwischen Menschen und Gott, bzw. Göttern geschieht. Das ist indirekt ein Bild der Gottheit, welche die Menschen verehren, anrufen und erfahren.

 

Diese mannigfaltige Welt der heiligen Texte, Überlieferungen und Zeremonien sind Gegenstand der denkenden Vernunft. Sie schaut sie zusammen, sortiert, interpretiert und systematisiert sie. Das ist die theologische Seite der Vorstellung Gottes oder der Götter in allen Religionen. Darin findet eine Einordnung der Vorstellungen in ein Gesamtbild statt.

 

Diese ordnende Durchdringung der verschiedenartigen Vorstellungen, Gebräuche und Vollzüge haben immer den Rahmen einer Religionsgemeinschaft. Das ist ein sozialer Prozess, der Gemeinsamkeit, die Menschen kulturell verbindet und tief prägt. Wenn eine Religionsgemeinschaft in Geschichte und Zeit fortschreitet und sich wandelt, dann wandeln sich auch Vorstellungen, die sie sich von ihren Gottheiten gemacht hat. Vernunft wirkt nur in einem sozialen Rahmen. Das ist ihr Biotop, in welchem sie lebt und gedeihen kann.

 

Unsere Gottesbilder sind daher nie nur persönlich und psychologisch, sondern immer durch eine Gemeinschaft vermittelt, denen die gläubigen Menschen angehören. Die Gemeinschaft – wir nennen sie für unsern Fall Judentum und Kirche – prägt in hohem Grad unser Gottesbild mit.

 

Wie sieht Gott nach der Heiligen Schrift aus?

An vielen Stellen der Bibel im Alten undNeuen Testament heisst es, Menschen können Gott nicht schauen ohne sterben zu mässen. Die häufige Wiederholung dieser Überzeugung zeigt, wie wichtig sie für die israelitisch-jüdischen Gläubigen sie war. Ihr Gott ist unsichtbar, und das gehört zu seinem Wesen, das von dem Wesen der Menschen in ihrem sichtbaren Wesen verschieden ist. 

 

Aber die Gottheiten der andern Völker sind nach dem altisraelitischen Verständnis sichtbar. Dieses Verständnis teilt die altisraelitische Religionsgemeinschaft mit ihrer Umwelt (Ägypten, Syrien, Mesopotamien, Griechenland, Rom usw.). Das ist gut sichtbar in Deut 4 :15-19.

 

Die Unsichtbarkeit des biblischen Gottes ist der Grund, warum es kein Bild von ihm geben kann, während die andern Gottheiten ihrer Natur entsprechend bei den anderen Völkern und Religionen abgebildet werden dürfen.

 

Der religionsgeschichtliche Grund für das Bilderverbot im Gottes im alten Israel ist in der Forschung umstritten. Die Bibel erinnert sich nicht mehr daran. Aber sie erklärt es theologisch: Gott hat sich nie zu sehen gegeben (ausser in Ex 24 :9-11 und Jes 6). Es soll die Andersheit Gottes betonen, der nicht mit Blicken gemessen werden soll wie irgendein anderes Wesen oder Ding auf Erden. Darum gab es im Tempel in Jerusalem kein Gottesbild, sondern nur reinen leeren Thron über den zwei Keruben, die im Allerheiligsten des Tempels standen (1 Kön 6).

 

Dennoch muss man feststellen, dass Gott redet, schaut, hört, seht, aufsteht, auf Keruben und Wolken fährt, wohnt, sitzt, u.a.m., was Menschen tun. Gott sieht demgemäss trotz aller Distanz und Andersheit wie ein Mensch aus. Sonst könnte man gar nicht von ihm reden. Damit entsteht eine für die theologische Reflexion wichtige Einsicht: Gott ist wie Menschen, und gleichzeitig ist er nicht wie sie. Das ist die Idee der Analogie.

 

Es folgt etwas später ein zweiter Teil!

Christos Acheiropoietos (Ohne Hände gemacht). Ikone aus der Nowgoroder Schule (um 1100). Wikipedia.

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