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Gottesbilder und Gottesbild (Teil 2)

  • Fr. Adrian

Gottesbild und Menschenbild in der Heiligen Schrift

 

Fruchtbare prophetische Intuition

Die Bibel hat sich tief und eindringlich mit der Frage befasst, wie Gott ist und aussieht. Die berühmteste und wohl auch bedeutendste Stelle, wo das geschieht, steht in ihrem ersten Buch, in der Genesis, gleich im ersten Kapitel. Schon dieser besondere Platz ganz am Anfang der ganzen Heiligen Schrift zeigt, wie wichtig es in ihren Augen ist, dass sich die Menschen von Anfang an ein richtiges Bild von Gott machen.

 

Dieses Anfangskapitel der Genesis wurde im 6. Jh. v.Chr. verfasst. Der Verfasser ist unbekannt. Er ist einer der ganz grossen Theologen in der Geschichte des jüdischen und dann auch des christlichen Glaubens gewesen. Dass seine Schrift über Gott, Welt und Menschen in die jüdischen heiligen Schriften aufgenommen wurden, die von Generation zu Generation bis heute weiter gegeben wurden und bis heute nichts von ihrem Wert eingebüsst haben, beweist, dass man sein Werk und seine religiöse Einsicht als gültige und bleibende Lehre ansah. Er konnte sie nur mit der Hilfe Gottes erdacht haben, ähnlich wie auch die Propheten ihre Botschaften und Lehren von Gott empfangen hatten. Sein Werk wurde zu einem tragenden Fundament des Gottes- und des Menschenbildes in der Religion des Judentums und Christentums.

 

Er entwickelt seine Auffassung vom Bilde Gottes in dem weiteren Zusammenhang von der Erschaffung des Menschen.  Gott erschuf den Menschen. Damit meinte er, dass Gott das Wesen der Menschen ausgedacht und dann verwirklicht hat.

 

Im Menschen sehen wir Gott

Der Mensch, und zwar Mann und Frau, sind wie ein lebendiges Standbild Gottes, das ihm gleicht. Die Ähnlichkeit zwischen Gott und Mensch ist im Begriff Ebenbild ausgedrückt. Ebenbild ist so viel wie Abbild. Zwischen Gott und jedem Menschen ist etwas Gemeinsames. In einem Menschen sieht man Gott, wie man in einem Abbild die abgebildete Sache oder Person wiedererkennt. 

 

Es ist wahrscheinlich, dass der biblische Verfasser die Ähnlichkeit zwischen Gott und Menschen nach zwei Seiten hinsah. Sie gleichen sich äusserlich und innerlich.

 

Äusserlich, weil Gott ja sieht, hört und spricht. Er hat einen Mund und Hände. Er kommt und handelt. So gleicht er einem Menschen. Innerlich, weil Gott als Schöpfer der Welt den Menschen diese Welt anvertraut, wie jemand sein Haus, seine Arbeit und seine Sache einem Stellvertreter und Mitarbeiter zu treuen Händen anvertrauen und ihm die Verantwortung dafür übertragen kann.

 

Der Mensch ist ein Gegenüber Gottes, ein Vertrauter, der ihn verstehen kann, seine rechte Hand und sein Beauftragter. Er hat Verstand und Einsicht und kann sich in die Anliegen Gottes hineindenken. Er kann von Gott lernen, um seiner Aufgabe gerecht zu werden.

 

Denn dafür hat Gott ihn ausgestattet mit Gaben des Geistes und des Herzens. Er verleiht ihm die Würde eines Mitgestalters an der Welt, so wie Gott sie sieht und gerne haben möchte.

 

Deutung und Sinn der Ebenbildlichkeit des Menschen mit Gott

Was Ähnlichkeit und Funktion eines Standbildes Gottes in der Welt bedeuten könnten, wurde und wird von der Fachwelt seit langem und immer neu erörtert. Hier soll es genügen, vier Punkte festzuhalten, die höchst bedeutsam sind.

 

Erstens besteht zwischen Gott und dem Menschen eine Verwandtschaft, die sowohl körperlich und äusserlich als auch innerlich und geistig ist. Zweitens gibt es ein Bild Gottes, aber kein von Menschenhand gemachtes, sondern ein von Gott selbst geschaffenes. Dieses Bild dürfen die Menschen nicht aus Stein, Holz oder Metall nachgestalten, um es dann als Bild Gottes zu verwenden. Sie sollen Gott zuallererst im Mitmenschen sehen lernen. Drittens ist das Bild, das Gott von sich selbst geschaffen und in den Menschen gelegt hat, der Grund für dessen Unantastbarkeit. Wir nennen diese « Würde ». Mit diesem Begriff bezeichnet man eine besondere Stellung jedes Menschen in der Welt. Vor diesem besonderen Rang hört die Macht der andern ein Stück weit auf. Ein Mensch ist kein Gebrauchsgut, über das man schalten und walten kann, wie man will. Viertens liegt darin auch eine Grenze für jede menschliche Person sich selbst gegenüber. Sie kann mit sich nicht machen, was sie gut dünkt, denn sie gehört als Bild Gottes nicht nur sich selber, sondern eben auch Gott. Im Leiblichen und im Seelisch-Geistigen wird etwas von Gott sichtbar, vor dem man Ehrfurcht haben muss.

 

Diese vier Punkte eröffnen ein weites Feld, wenn wir über das, was die Menschen sind, im Licht seiner Ebenbildlichkeit mit Gott nachdenken möchten. Man ahnt sofort, wie sich hier unerschöpfliche Quelle für Meditation und Betrachtung auftun.

 

Christus, die Taufe und Gottes Bild im Menschen

Abschliessend gibt es ein anderes weites Feld für die, welche das Abbild Gottes im Menschen und das Urbild des Menschen in Gott noch tiefer verstehen möchten. Das ist der menschgewordene Sohn Gottes, der uns in sein menschliches und göttliche s Wesen hineinnimmt. Dafür hebt er uns zu sich empor und schafft eine noch grössere, innigere Verwandtschaft zwischen ihm und uns. Diese tiefste Ähnlichkeit nennen wir Gnade hier in der Zeit und Herrlichkeit im ewigen Leben. Die Taufe ist wie der Same, aus dem diese Gemeinsamkeit zwischen Christus, dem Gottessohn und den Menschen hervorwächst. Sie heisst Kindschaft Gottes. Sie soll hier nicht mehr weiter entfaltet werden.

Schweißtuch der Veronika, Hans Memling, um 1470 (Wikipedia)

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